Fernsehnutzung

Das Fernsehen ist nach wie vor das meistgenutzte und meinungsrelevanteste Medium. Die Sehdauer ist auf hohem Niveau relativ stabil. Allerdings gewinnen Bewegtbildangebote im Internet in allen Altersgruppen an Bedeutung.

Nach Angaben der AGF Videoforschung betrug im Jahr 2022 in der Gesamtbevölkerung (ab 3 Jahren) die durchschnittliche tägliche Sehdauer 195 Minuten (2021: 213 Minuten). Eine durchschnittliche Verweildauer der TV-Seher von 308 Minuten pro Tag (2021: 321 Minuten) und eine Tagesreichweite des Fernsehens von 67,2% (2021: 70,3%) bei den Zuschauern ab 14 Jahren belegen die intensive TV-Nutzung. Dennoch weisen alle TV-Nutzungswerte 2022 eine deutlich rückläufige Tendenz gegenüber den Vorjahren auf. Die Fernsehnutzung verschiebt sich immer mehr vom Linearen ins Digitale. Während 2021 noch 69 Prozent auf die lineare TV-Nutzung entfielen, waren es 2022 nur noch 64 Prozent (ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022). Die vielfältigen digitalen Angebote, Geräte und Ausspielwege beschleunigen diese Entwicklung. Insbesondere das jüngere Publikum nutzt eine breite Palette der digitalen Angebote: Bei den unter 30-Jährigen entfallen bereits 78 Prozent auf die zeitsouveräne Bewegtbildnutzung über das Internet, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 49 Prozent. In den Altersgruppen ab 50 Jahren überwiegt nach wie vor die lineare TV-Nutzung.

Entwicklung der TV-Sehdauer

Zuschauer ab 3 Jahren, pro Tag/Person, in Minuten, Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK.

Die Sehdauer gibt an, wie lange im Durchschnitt eine Person im Panel innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls ferngesehen hat. In diesen Durchschnittswert gehen alle Panelmitglieder ein, gleichgültig, ob sie tatsächlich ferngesehen haben oder nicht.

Entwicklung der TV-Verweildauer

Zuschauer ab 14 Jahren, pro Tag, in Minuten. Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK.

Die Verweildauer gibt die Sehdauer bezogen auf die Personen an, die tatsächlich ferngesehen haben.

Entwicklung der TV-Reichweite

Zuschauer ab 14 Jahren, pro Tag, in Prozent. Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK.

Die Tagesreichweite ist der Anteil der TV-Seher an der Gesamtbevölkerung an einem durchschnittlichen Wochentag. Der Begriff Seher beschreibt das Potenzial der Nutzer einer Sendung mit einer Mindestnutzungsbedingung von einer Minute konsekutiv.

Die bisherige relative Stabilität der Fernsehnutzung hing erheblich mit der sehr hohen Fernsehnutzung der über 50-Jährigen zusammen, doch nun scheint auch diese Altersgruppe dem allgemeinen Trend zu folgen. Im Jahr 2022 wurden in dieser Altersgruppe 316 Minuten pro Tag ferngesehen, 2021 waren es noch 336 Minuten täglich. Das sind mehr als 5 Stunden Fernsehkonsum pro Tag. Im Gegensatz dazu schauten die 30- bis 49-Jährigen im Jahr 2022 nur noch 136 Minuten pro Tag klassisches Fernsehen – und damit 25 Minuten weniger als 2021 bzw. 45 Minuten weniger als im Jahr 2020. Seit 2014 ging bei den 30 bis 49 Jährigen fast 1,5 Stunden (82 Minuten) Fernsehnutzungszeit verloren (2014: 218 Minuten/Tag; 2022: 136 Minuten/Tag). In der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ist diese Entwicklung noch extremer. Im Jahr 2014 betrug die tägliche TV-Sehdauer 124 Minuten, 2022 waren es nur noch 50 Minuten – ein Rückgang um 60 Prozent in acht Jahren. Die junge Generation schaut inzwischen mehr als doppelt so viel Internetvideos als Fernsehen. Insgesamt machten 2022 die 14 bis 49 jährigen Zuschauer nur noch 22 Prozent der gesamte Sehdauer aus. Wie sich der Rückgang der linearen Fernsehnutzung in den nächsten Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung gestalten wird, bleibt abzuwarten.

Entwicklung der TV-Sehdauer nach Altersgruppen 2010 bis 2022

pro Tag/Person, in Minuten; Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK: deutschspr. Bevölkerung ab 14 Jahren

Programmangebot

Das bundesweite Programmangebot ist sehr vielfältig. Zum 31. Dezember 2022 waren in Deutschland 210 private Fernsehprogramme mit bundesweiter Zulassung auf Sendung (2021: 209). Weitere 25 Programme verfügten zwar über eine Sendelizenz, hatten jedoch den Sendebetrieb noch nicht aufgenommen oder wieder eingestellt. Damit befindet sich die Anzahl der zugelassenen bundesweiten TV-Programme in etwa auf Vorjahresniveau. Die stetige Zunahme der neu zugelassenen Programme – insbesondere von Pay-TV-Programmen und Streaming-Angeboten – während der letzten Jahre wurde gebremst. Mit dem seit 07.11.2020 geltenden Medienstaatsvertrag (MStV) werden Rundfunkprogramme mit nur geringer Bedeutung für die Meinungsbildung oder geringer Nutzung (durchschnittlich weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer) von der Zulassungspflicht freigestellt (§ 54 MStV). Dies wirkt sich insbesondere auf die Zulassung von Streaming-Angeboten aus. Die Stagnation der Pay-TV-Programme im klassischen TV-Bereich korreliert mit dem Wachstum der Streaming-Plattformen der Veranstalter.
Im Privat-TV-Bereich waren zum Jahresende 2022 11 Vollprogramme sowie 89 Free-TV- und 110 Pay-TV-Spartenprogramme auf Sendung. Das öffentlich-rechtliche Programmangebot umfasst insgesamt 21 Programme. Des Weiteren sind diverse Teleshoppingsender, Programme mit einer ausländischen Lizenz sowie mehr als 200 regionale und lokale Fernsehprogramme zu empfangen. Einen aktuellen Überblick über das TV-Programmangebot in Deutschland gibt die Mediendatenbank.

Entwicklung des bundesweit empfangbaren privaten TV-Angebots

Quelle: KEK, Stand jeweils 31.12.

Zuschaueranteile

Im Jahr 2022 haben die öffentlich-rechtlichen Programme in ihrer Gesamtheit erneut die 50-Prozent-Zuschaueranteilsmarke überschritten: Sie erreichten einen kumulierten Zuschaueranteil von 50,3% (2021: 50,9%). Auf die privaten Programme entfiel 2022 ein gemeinsamer Zuschaueranteil von 49,7% (2021: 49,1%).

Das meistgesehene Programm war das ZDF mit einem Zuschaueranteil von 14,5%. Auf das Erste Programm der ARD entfielen 12,2% und auf die Dritten Programme der ARD insgesamt 13,4% der Zuschaueranteile. Die beiden meistgenutzten privaten Programme RTL und SAT.1 erreichten im Jahresdurchschnitt 2022 Zuschaueranteile von 7,4% bzw. 5,1%. Daneben gehörten VOX mit einem Zuschaueranteil von 4,7%, ProSieben mit 3,3%, Kabel Eins mit 3,0% und RTL ZWEI mit 2,6% zu den zuschaueranteilsstärksten Programmen im deutschen Fernsehmarkt.

Zuschaueranteile 2023

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, Zuschauer ab 3 Jahren, in Prozent

Zuschaueranteile Kreisdiagramm

Zuschaueranteile Tabelle

Bei Zurechnung der privaten Programme zu ihren jeweiligen Senderfamilien erreichte RTL Deutschland einen Zuschaueranteil von 21,9% (2021: 21,1%) und die ProSiebenSat.1-Gruppe 15,9% (2021: 16,2%). Auf alle anderen Programme entfiel ein kumulierter Zuschaueranteil von 11,9% (2021: 11,8%).

Entwicklung der Zuschaueranteile der Sendergruppen

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, Zuschauer ab 3 Jahren, in Prozent; eigene Darstellung

Bei Betrachtung der Zuschaueranteilsentwicklung der Programme und Veranstaltergruppen über einen längeren Zeitraum hinweg wird deutlich: Die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden immer intensiver genutzt, wohingegen die Privaten – mit Ausnahme kleinerer Zielgruppensender – kontinuierlich an Zuschaueranteilen verlieren. Diese Entwicklung korreliert mit dem TV-Nutzungsverhalten, abhängig vom Alter. In der Altersgruppe ab 50 Jahren wird immer mehr ferngesehen, während die unter 50-Jährigen sich zunehmend vom traditionellen Fernsehen abwenden und stattdessen Internetvideos schauen. Die Hauptnutzer der öffentlich-rechtlichen Programme sind ältere Bevölkerungsgruppen, die Jüngere bevorzugen das Privatfernsehen. So verwundert es nicht, dass auch die beiden großen privaten Sender RTL und SAT.1 erhebliche Zuschaueranteilsverluste hinnehmen müssen: Während SAT.1 im Jahr 2010 einen Zuschaueranteil von 10,1% erreichte, waren es 2022 nur noch 5,1% (−5 Prozentpunkte). RTL verlor im selben Zeitraum 6,2 Prozentpunkte, der Zuschaueranteil ist von 13,6% (2010) auf 7,4% (2022) gesunken.