Junger Mann im Radiostudio

Hörfunk

Der Hörfunk spielt als Tagesbegleitmedium eine wesentliche Rolle für die öffentliche Kommunikation. Unter Meinungsvielfaltsaspekten sind Verflechtungen von Fernseh- und Hörfunkveranstaltern von besonderer Bedeutung. Die KEK bezieht den Hörfunk als „medienrelevanten verwandten Markt“ in die medienkonzentrationsrechtliche Prüfung ein (§ 60 Abs. 2 MStV).

Bedeutung für die Meinungsvielfalt
 

Der Medienstaatsvertrag enthält keine Maßnahmen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Hörfunk. Die Aufgabe, Vielfalt zu sichern, ist Bestandteil der einzelnen Landesmediengesetze, die unterschiedliche Regulierungsansätze verfolgen. Zum einen haben sich Landesgesetzgeber an einem außenpluralen Modell orientiert, wonach der Rundfunk in seiner Gesamtheit Vielfalt gewährleisten muss. Zum anderen werden binnenplurale Maßnahmen, die den Rundfunkveranstalter an sich zur Vielfaltsicherung in seinem Programm anhalten, zum Erhalt der Meinungsvielfalt ergriffen. Daneben besteht in einigen Ländern auch eine Kombination beider Ansätze.
Die Lizenzierung privater Hörfunkprogramme obliegt den Landesmedienanstalten. Diese achten bei ihren Zulassungsentscheidungen auf eine vielfältige Eigentümerstruktur entsprechend der jeweiligen landesgesetzlichen Vorgaben, um marktbeherrschende Stellungen im privaten Hörfunk zu verhindern und den Wettbewerb zu sichern. Im Ergebnis sind an den Hörfunkveranstaltern daher oftmals mehrere Gesellschafter – vorwiegend regionale Zeitungsverlage und Medienunternehmen – beteiligt, wodurch die gewünschte Binnenpluralität gewährleistet wird. Dies begründet zugleich crossmediale Verflechtungen auf regionaler Ebene.

Daten zum Hörfunkmarkt

In den letzten 10 Jahren hat sich die Hörfunklandschaft stark verändert. Nicht nur die Zahl der klassischen Radioprogramme ist sprunghaft gestiegen, es sind auch vielfältige digitale Audioangebote wie Webradios, Podcasts und Musikstreaming hinzugekommen. Die Audio-Nutzung ist hinsichtlich Nutzungsfrequenz und Dauer deutlich gestiegen. Während die klassischen Radioprogramme vor allem den Bedürfnissen nach Information, Unterhaltung, Vertrautheit und Unterstützung entsprechen, decken die Online-Audio-Angebote ein breites Spektrum neuer Formate ab, die individuell ausgewählt und genutzt werden können.

Der deutsche Radiomarkt ist durch eine vielfältige Eigentümerstruktur sowie ein zahlreiches Angebot an privaten und öffentlich-rechtlichen Programmen gekennzeichnet. Unter Meinungsvielfaltsaspekten sind Verflechtungen von Fernseh- und Hörfunkveranstaltern von Bedeutung.

Nach Ergebnissen der ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022 erreichen Radio- und Audioangebote täglich 80 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren. Damit behält die Gattung Audio ihren hohen Stellenwert gegenüber Video (88 %) und Text (63 %). Im Durchschnitt verbringen die Menschen knapp 3 Stunden (170 Minuten) am Tag mit Audio-Angeboten. Hinsichtlich der linearen und non-linearen Nutzung der Audioangebote gibt es altersabhängige Unterschiede. Während 73 Prozent der ab 70-Jährigen täglich ein Radio einschalten (168 Minuten), sind es bei den unter 30-Jährigen nur 48 Prozent (61 Minuten). Bei den unter 30-Jährigen überwiegt im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen die Audionutzung über Streamingdienste oder YouTube (89 Minuten).

Umgekehrt ist die non-lineare Audionutzung in der Gruppe der ab 50-Jährigen derzeit noch von geringerer Relevanz. Tonträger und Hörbücher spielen in allen Altersgruppen nur eine untergeordnete Rolle. Ein Vergleich der Audio-Nutzungsdaten zwischen 2019 und 2022 zeigt für die Gesamtbevölkerung einen Rückgang der Tagesreichweite auf das Niveau vor der Corona-Pandemie. Die tägliche Nutzungsdauer (Hördauer) ist im genannten Zeitraum um 16 Minuten zurückgegangen. Inwieweit sich hier eine Tendenz zeigt, bleibt abzuwarten. Insgesamt entwickelt sich die Audiowelt aufgrund neuer digitaler Angebote dynamisch. Diese ergänzen den klassischen Radiomarkt und führen zu einer zeitlichen und räumlichen Unabhängigkeit der Audionutzung insbesondere in den jüngeren Altersgruppen.

Die Konkurrenz der Audio-Angebote ist groß und die Fragen rund um Auffindbarkeit und Ansteuerbarkeit der Angebote rücken unter Meinungsvielfaltsaspekten in den Vordergrund. Algorithmen gesteuerte Empfehlungssysteme gewinnen auch im Audiobereich an Bedeutung. Hinzu kommen Sprachassistenten, sogenannte Smart Speaker, über die Audio-Content direkt abgerufen werden kann. Für die Medienregulierung stehen hier vor allem die Aspekte des diskriminierungsfreien Zugangs, der Auffindbarkeit und der Transparenz über die Darstellung der Inhalte der privaten Hörfunkanbieter im Mittelpunkt.

Tägliche Audionutzung 2022

Basis: Deutschspr. Bevölkerung ab 14 Jahren (2022: n=2007); Quelle: ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022, eigene Darstellung.

Entwicklung der Audionutzung: Tagesreichweiten und Nutzungsdauern  

Basis: deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren (2019: n=2000; 2020 n=3003; 2021: n=2001; 2022: n=2007). Quelle: ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2019-2022; eigene Darstellung.

Verflechtungen von Fernseh- und Hörfunkveranstaltern 

Im Rahmen der Medienkonzentrationskontrolle sind crossmediale Verflechtungen zwischen den Bereichen Hörfunk und bundesweitem Fernsehen relevant. Solche bestehen in erheblichem Umfang bei der Mediengruppe RTL Deutschland: Sie ist die nach Zuschaueranteilen größte private TV-Sendergruppe am deutschen Markt und verfügt zudem über ein großes Portfolio an Hörfunkbeteiligungen. Die ProSiebenSat.1 Media SE, nach Zuschaueranteilen zweitgrößte Gruppe im deutschen Privatfernsehen, hält dagegen keine Radiobeteiligungen.

RTL Deutschland

Die Mediengruppe RTL Deutschland gehört mit ihren zahlreichen direkten und indirekten Radiobeteiligungen zu den am breitesten aufgestellten Hörfunkanbietern in Deutschland. Die deutschen Hörfunkbeteiligungen der RTL-Gruppe sind in einer Radio-Holding, der RTL Radio Deutschland GmbH, gebündelt. Zu den 100-prozentigen Radiobeteiligungen gehören RTL Radio, 104.6 RTL und 105.5 Spreeradio. Zudem ist RTL Deutschland mehrheitlich an Hitradio RTL Sachsen (86,5 %), Radio Brocken und 89.0 RTL (57,1 %) und dem Sachsen Funkpaket (55 %) beteiligt. Hinzu kommen Beteiligungen an Antenne Niedersachsen (49,9 %), JAM FM (49,9 %), Radio Hamburg (30,7 %), radio NRW (16,1 %), Antenne Bayern (16 %), Antenne Thüringen und radio TOP 40 (15 %) und RADIO 21 (9,8 %). Über die Veranstalter der vorgenannten Programme gibt es zahlreiche weitere mittelbare Radiobeteiligungen.

Axel Springer SE

Die Axel Springer SE ist über 100-prozentige Tochtergesellschaften an den bundesweiten privaten Fernsehprogrammen WELT, N24 Doku, BILD und Bild Live beteiligt. Im Hörfunkbereich bestehen direkte Beteiligungen an Radio Hamburg (36,8 %), Antenne Bayern (16 %), Hit Radio FFH, planet radio und Harmony.fm (15 %), Radio ffn und Radio Roland (7,6 %) sowie zahlreiche indirekte Beteiligungen. Die Axel Springer SE verfügt über eines der größten Hörfunk-Portfolios in Deutschland.

Hubert Burda Media

Hubert Burda Media ist eines der größten Medienunternehmen in Deutschland, die Geschäftsfelder erstrecken sich über Print, Online und Rundfunk. Die Hubert Burda Media Holding KG ist über Zwischengesellschaften an den bundesweiten privaten Fernsehsendern BonGusto (83,5 %) und RTL ZWEI (1,1 %) beteiligt. Das Unternehmen hält zahlreiche direkte oder indirekte Hörfunkbeteiligungen. Insbesondere in Süddeutschland gehört Burda zu den bedeutenden Akteuren im Hörfunksektor. Über die Studio Gong GmbH & Co. Studiobetriebs KG, an der das Familienunternehmen über seine hundertprozentige Tochtergesellschaft Burda Broadcast Media GmbH & Co. KG 41,7 % der Anteile hält, ist die Hubert Burda Media Holding KG an weiteren Hörfunksendern beteiligt. Zu den direkten Hörfunkbeteiligungen gehören BB Radio (50 %), Donau 3 FM (50 %), Ostseewelle (46,2 %), Radio Arabella (20,6 %) und Antenne Bayern (16 %).

Bauer Media Group

Die Heinrich Bauer Verlag KG gehört zu den größten Verlagshäusern. Neben in- und ausländischen Beteiligungen im Pressebereich ist der Konzern in Deutschland auch an dem Fernsehsender RTL ZWEI (31,5 %) sowie an Radio Hamburg (26,3 %) beteiligt. Über die Radio Hamburg GmbH & Co. KG bestehen indirekte Beteiligungen an Hamburg Zwei (16,4 %) und Radio NORA (8,87 %).